Reisebericht


Tokio

(Letztes Update: 12.8.2018)
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Tokio

Tokio

Ein Reisebericht von Volker Bartheld

Elektronische Freuden - Schlaflos in Tokio

Bahnnetzkarte Tokio [945 KB] Japan ist das Land der digitalen Freuden. Wir erinnern uns: Ich soll einen Kunden, für den ich in meiner Eigenschaft als Consultant bei einer Prozeßberatungs- und Risikomanagementfirma tätig bin, nach Tokio begleiten. Freilich nicht, weil ich so außergewöhnlich gut Software entwickle - und wohl auch nicht, weil ich so ein total diplomatisches Kerlchen bin. Eher vermutlich, weil ich meinen Job als Consultant ernst und mir kein Blatt vor den Mund nehme. Und berate. In allen Belangen, auch den strategischen.

Das Projekt "Tokio" ist geil, insbesondere für einen Menschen, der niemals in seinem Leben einen Urlaub weiter als eine Tankfüllung entfernt von seinem Kühlschrank verbracht hat. Tausend Gedanken schwirren mir durch den Kopf, mindestens ebenso verworren und rätselhaft wie das U-Bahn-Netz der Japan Rail (kurz "JR") in meinem präventiv angeschafften Reiseführer.

Doch vorher wollen eine Agenda verfaßt, diverse logistische Kunststückchen vollführt, eine digitale Spiegelreflexkamera des Herstellers Nikon wegen Speicherkartenfachdefekts in 1000 Einzelteile zerlegt und auch alle 999 Einzelteile wieder fachgerecht zusammengebaut werden. Mit einem Schraubendreher der Größe PH-00 und einer Flasche Rotwein (Kabernett-Saufinon, köstlich!) zur Beruhigung. Das Kunstwerk aus dem Nipponland funktioniert wieder - und noch immer keine verbindlich Antwort von ebendort.

Nikon D70 Bausatz [254 KB] Wie sich das Zeitfenster vor Teil 1 des ehrgeizigen Projekts "Jahresurlaub 2009" (hier spielen u. A. die Südtürkei, Venedig, Kanada und diverse Crosspisten eine Rolle) schließt, reift der rettende Gedanke: Was, wenn die Entscheider auf der anderen Seite der Weltkugel mit der englischen Agenda nichts anfangen können? Deswegen z. B. weil man sich als Schlipsträger nicht mit so Nebensächlichkeiten wie dem Erlernen einer Fremdsprache den Tag verdirbt?

Treppauf, treppab [146 KB] Innerhalb weniger Stunden ist eine kompetente Übersetzerin gefunden, das Pamphlet in die lustige Bildersprache übersetzt und mehrfach durch den Cyberspace gejagt. Immer noch keine Antwort. Zwischenzeitlich klärt mich der Orthopäde meines geringsten Mißtrauen (der mir kürzlich das "Du" angeboten hat - ist das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?) auf, daß mein linker Ellenbogen gereizt reagiert und außerdem ein Knochensplitter - möglicherweise schon seit Jahren - frei im Gelenk herumgeistert. Derartiges passiert wohl immer wieder mal, insbesondere, wenn man ein 38-jähriger Softwareentwickler ist, MTB und MX fährt und mitunter übersprungartig den Versuch unternimmt, neue Kraftdreikampfweltrekorde in der unweiten Muckibude aufzustellen.

One smart consultant [58 KB] Denn vom Software-Entwickeln und den immer neuen Achselzuck- und Kopfkratzreflexen, den die weißrussische Not-Invented-Here (ist nicht von uns, daher erfinden wir das Rad lieber neu) Inkarnation der zur Revision vorliegende Codebasis hervorruft, können diese Symptome nicht kommen. Vermutlich war aber allein übermäßiges Händeschütteln meiner einfühlsamen Arbeitskollegen schuld, die mir über den Arbeitstag verteilt zahllose Male die Flosse quetschen. Offenbar eine typische Handbewegung im Consultingbusiness - ich werde mich beizeiten meiner Berufsunfähigkeitsversicherung vorstellen. Aber halt, nein! Bei mir lahmt ja der linke Flügel. Mist.

Immer noch keine Nachricht aus dem Land der aufgehenden Sonne - ich habe das Vorhaben gedanklich schon auf Ablage 17 geschoben, buche "Jahresurlaub reloaded" (d. h. das Türkeiprojekt um) und widme mich den Planungen zur eiligen Schrittes herannahenden Fotosession in Venedig.

Fortuna ist ja eine heimtückische, sarkastische alte Schlampe - sagte ich das schon? Bestimmt.

Ausgerechnet Tokio

Mit einem Mal wird es plötzlich ernst, das Logistikroulette dreht sich wie wild. Ich soll am besten gleich nach Japan fliegen, einige Dutzend Seiten an Pornopoint-Präsentation dabei haben und nebenbei noch ein bißchen Akquise betreiben. Wenn ich von dort zurück bin, kann ich etwa 12 Stunden über das Thema "Jetlag - Fakt oder Fiktion" raisonieren, bevor ich wieder in den Flieger klettere und Richtung Lagunenstadt abhebe.

Open Impressive... [306 KB] Kein Problem für ein Kummer gewohntes und absolut streßresistentes Multitalent wie mich. Da meine Bundeswehrzeit allerdings schon zwei Jahrzehnte zurückliegt, habe ich zwischenzeitlich vergessen, wie sich Schlafentzug auf die Performance meiner biologischen Subkomponenten auswirkt. Nach länglichen Meetings, Stoffsammlung, diversen Korrekturlesungsiterationen und inniger Auseinandersetzung mit dem mir über alle Maßen verhaßten Foliengenerierungstool (Bonuspunkte für Konvertierungen zwischen MS Powerpoint und Open Office Impress, das von mir bevorzugte Freewaretool) ist es nun Dienstag geworden als ich meinen Sermon noch mit einigen authentischen und einigen weniger authentischen (=total gefakten) "Screenshots" garniere. Dienstag Morgen, genauer gesagt. Noch genauer gesagt Dienstag früh, 4:45.

Ich falle in eine komatöse Bewußtlosigkeit, noch bevor das Geräusch meines auf das Kissen klatschenden Kopfes den Hörnerv erreicht. Pünktlich um 6:30 ist es vorbei mit der Nachtruhe, ich habe noch einen Arzttermin wahrzunehmen, der Lieblingsorthopäde mal wieder. Ja, ein bißchen besser ist es nach der Spritzenserie geworden, trotzdem irritiert mich eine gewisse Taubheit am linken Handballen und ein merkwürdiges Elektrisieren an der Ellenbogeninnenseite. Ich sollte hinzufügen, daß ich infolge eines notwendigen chirurgischen Eingriffes keinen "Musikantenknochen" mehr besitze - der für dererlei sensorische Glanztaten zuständige "Nervus Sulcus Ulnaris" wurde vor einer Dekade fachgerecht aus seiner Bindegewebstasche gepopelt und nach innen/oben verlagert.

Meine Beobachtungen und die Einlassung "Kann denn so ein Nerv wieder zurückflutschen?" alarmieren den Doktor. Solcherlei Komplikationen träten ganz offenbar vermehrt bei 38-jährigen Softwareentwicklern auf, die MTB und MX führen und mitunter übersprungartig den Versuch unternähmen, neue Kraftdreikampfweltrekorde in der unweiten Muckibude aufzustellen. Ach! Kein Problem - den Gang zum Neurologen kann ich locker noch in den paar Stunden zwischen Ankunft in München und Abflug nach Italien bewerkstelligen. Reize leiten meine Organe wohl auch ohne meine geistige Anwesenheit weiter und der ausführende Arzt braucht mich ja nur rechtzeitig aufwecken oder in ein Taxi zum Airport setzen. Auf diese Weise ist die zur Ableitung diverser Potentiale notwendig Piekserei mit vergoldeten Nadeln auch nicht so störend.

Reisevorbereitungen

Immerhin zeigt mein Orthopädieberater Verständnis für meine Situation, rät angesichts der bevorstehenden Flugreise durch etliche Zeitzonen zu einem Kompressionsstrumpf der Kategorie 2 (den es nur halterlos und mit niedlichem silikonumrandeten Spitzenbündchen gibt, für knapp 130 Neu-Mark sicher jeden Cent wert ist, von mir aber trotz in Aussicht gestellter Deckung durch die Krankenkasse dankend abgelehnt wird) und rückt ein Sortiment Heparinspritzen zur Thromboseprophylaxe heraus. Wenigstens etwas! Das eine Fixerbesteck drücke ich mir gleich vor Ort in meine Wampe, die andere Ladung soll ich mir nach der Landung verpassen. Das könnte ich gleich am "Baggage Claim" des Tokioter Flughafens tun, denn ins Handgepäck sollte ich ein so gefährliches Utensil besser nicht nehmen. Nicht, daß die niedliche Saftschubse bei der Leibesvisitation verblutet. Die Aufmerksamkeit zahlloser asiatischer Businessflieger dürfte mir trotzdem gewiß sein.

Japanflieger: A340-300 "Düren" [88 KB] Aprospos "Business": Freilich fliegen wir Hockergrabklasse (auch als "Economy" bekannt) - das kann man bei Lufthansa und dem gebuchten Termin schon für etwa eineinhalb große Scheinchen haben - weniger als die Hälfte des Premiumtransfers.

So haste ich also - frisch blutverdünnt - Richtung Arbeitsplatz um hier letzte Anweisungen zu geben und stelle mit großer Freude fest, daß Open Office Impress ganz im Gegensatz zu seinem Brüderlein aus dem Hause Microsoft unter "Drag&Drop" von Bilddateien nur die Anweisung versteht, eine Referenz auf die externe Datei einzufügen. Herrgottsakra! Macht aber nichts, die Screenshots habe ich auf dem USB-Stick und bis zum Abflug sind es ja noch über zweieinhalb Stunden. Ungefähr eine halbe davon warte ich geduldig in der Schlange der Postfiliale Trudering, um meinen neuen MP3-USB-Stick von Samsung aus seinem Amazon-Exil auszulösen während sich große Schwitzflecken in der Achselgegend meines T-Shirts bilden.

Eine schnelle Dusche dauert ohnehin kaum 300 Sekunden, das geht sich noch aus. Vorher sollte ich aber noch meinen Koffer packen, Hemden bügeln und einen Knopf am Boss-Sakko (in schickem Anthrazit, dem neuen Schwarz) annähen. Ich verzichte auf die Dusche, packe stattdessen ein Doit-Yourself-Nähkit in meinen Kulturbeutel, das ich auf einer anderen Dienstreise in den Stuttgarter Raum aus dem Hotel geklaut habe. Hoffentlich gibt es da drinnen nicht nur weißen Zwirn, ich habe keine Zeit nachzusehen.

Die gewonnenen Minuten verbringe ich mit dem Aufladen und Befüllen meines neuen kleinen Musiksklaven, der sich erfreulicherweise anders wie seine großen Brüder und das verdorbene Apfelprodukt ganz ohne Digitalrechtegängelband als Speichermedium anmeldet. Das spart Softwareinstallation und schafft Zeit zum sortieren meiner Fotoausrüstung.

Lutz [135 KB] Gut, daß Spezl Lutz mich fährt, denn auf die Taxis ist heutzutage ohnehin kein Verlaß mehr. Lutz ist pünktlich, ich leider nicht - was an der müdigkeitsbedingt abnehmenden Hand-Auge-Koordination liegt. Lutzs betagter Polo hat, wie ich erfahre, ein kleines, unerhebliches Problem: Der Kofferraumdeckel schließt nicht mehr, wir werfen meinen Koffer, Notebook und Fotorucksack auf die Rücksitzbank und ich stelle mich freiwillig bereit, den Deckel - im Falle eines Falles - von innen zu schließen und während der Fahrt zuzuhalten, falls es erforderlich sein sollte.

Zwischenzeitlich habe ich mich fertig angezogen und eine unauffällige schwarze Bomberjacke Marke "Alpha Industries", schwarze Jeans, schwarzes T-Shirt und schwarze Stiefel gewählt. Die Fahrt zum Erdinger Flughafen gestaltet sich angenehm unaufregend, ich bin zur Abwechslung pünktlich, was freilich nicht an mir sondern eher der effizient-dynamischen Fahrweise meines Chauffeurs zu verdanken ist.

Nach einigen Irrungen und Wirrungen treffe ich auf meinen Kunden, er ist übrigens Geschäftsführer und verströmt eine fast schon ausgelassene Heiterkeit. Freilich nur, bis wir erfahren, daß der Flug nach Asien überbucht wäre und wir daher zunächst keine Platzkarten bekämen. Man würde uns aber "schon irgendwo unterbringen". Eine nicht sehr vielversprechende Aussicht. Unsere düstere Miene lichtet sich aber zusehends als einerseits der Check-In trotz Notebook, Kameratasche (incl. höchst verdächtig aussehender Silicagelkügelchen im Vliesbeutel) und Sprengstoffpapiertest einigermaßen unauffällig verläuft. Bomberjacke, Handy (das mangels UMTS in Nipponland vermutlich eher als mäßig dekorativer Briefbeschwerer dienen wird) und Gürtel habe ich in vorauseilendem Gehorsam schon in den bereitliegenden Wannen verstaut.

Nicht auszudenken, es würde - wärend die Securityassistentin vor meinen Objektiven wedelt - meine Jeans am durch tagelange Askese ausgehungerten Körper herunterrutschen und den Blick auf ein paar halterlos kompressionsbestrumpfte Männerbeine mit Spitzenrand freigeben... Die Tastatur sträubt sich!

Scheintot im Hockergrab

Aber das genaue Gegenteil dieser hypothetischen, ausgesprochen peinlichen Situation ist der Fall. Bomberjacke und Elektrospielzeug bekommen grünes Licht und eine entzückende mandeläugige Stewardeß eröffnet uns, daß wir infolge der unerwartet hohen Flugzeugauslastung im Paradies der Businessklasse Platz nehmen dürften.

Heureka! Strrrrrrike!

Business. Klasse! [88 KB] Große, plüschige, elektrisch verstellbare Schlafsessel von Recaro und ein Florilegium an videografischen Berieselungsmöglichkeiten erwarten uns. Zwischen Snack, Digestiv und einem Schoppen erstklassigen italienischen Rotwein diniere ich Bresaolaröllchen mit Schnittlauch-Ricotta-Füllung, Petersilienöl und Ratatouille-Salat, Romana und Rucola mit mariniertem Gemüse, gefüllter Kirschpeperoni, gebratenen Champingnons und Parmesankäse, dazu Balsamicodressing. Zur Hauptspeise gibt es eine gebratene Poularde in würziger Majus, die sich meinem stumpfen Spielzeugmesser erstaunlich lange widersetzt, dazu Karotten und Kartoffelpüree. Parallel zappe ich mich in morbider Gelassenheit durch die neuesten Streifen mit George Clooney und Brad Pitt ("Burn after Reading"), dem Amaretti-Schokoladen-Flan entgegenfiebernd. So läßt sich's aushalten.

Eine japanische Nachspeisenvariante gibt es auch, ich verzichte jedoch - der Burger aus Seetang sieht mir momentan doch zu experimentell für meinen westlich kalibrierten Magen aus. Beiläufig überfliegen wir Rußland, die Ostroute also. Offenbar ist sie kürzer und verläuft weniger lang über offenen Gewässern. Kaffee mit Baileys gibt es auch - nur kein WLAN oder Netzstecker für meinen stromhungrigen Thinkpad, der sich mit der Powerpräsentiererei ziemlich abrackern muß.

Es bleibt also weiterhin spannend und der geneigte Leser fragt sich: Wird Clooney wieder einmal die Welt retten? Gibt es im Onboard-Dutyfree auch ein Nikkor 70-200 f/2.8D VR IF Kampfobjektiv? Schmeckt Bacardi-Cola in Plastikbechern und wird Volker sich statthaft dem unmoralischen Angebot des Sandmännchens widersetzen können, nachdem er mit 900 Sachen durch die Tag-Nacht-Grenze gerast ist? Schalten Sie auch nächstes Mal wieder ein, wenn es heißt: "Alle Mann marschmarsch zum Sturm auf die Business-Class".

Narita Airport [123 KB] Irgendwann kapituliere ich dann doch angesichts einer weiteren Müdigkeitsattacke. Der vielfach elektrisch verstellbare Sportsitz bietet eine Liegeposition, bei der sich das Fußteil gekonnt in die Aussparung der Sitzschale des Vordermanns einfädelt, während das Heck in einer sportlichen S-Kontur nach hinten wegkippt. Das freilich nur, falls man im Fußraum keinen Kamerarucksack oder eine Notebooktasche verstaut hat. Nicht einmal eine Spucktüte hätte da noch Platz. Ich kann Schlimmeres verhindern und bringe meine elektronischen Tamagotchi im Gepäckstaufach unter, welches sich mit markantem Rastgeräusch schließt und die Hälfte der schnarchenden Fluggäste zur ächzenden Verlagerung ihrer Sitzposition veranlaßt. Gefühlte fünf Minuten später geht ein Ruck durch die Boeing, wir haben unsere Reiseflughöhe verlassen und befinden uns im Sinkflug der entlang einer sanften Linkskurve Richtung Narita Airport führt - ganz im äußeren Osten der Millionenmetropole.

Die restlichen 12000 Feet sind schnell überwunden und wir setzen in drei Bocksprüngen auf dem Asphaltband auf während ich mich wundere, was die vom Dunst beschlagenen Bullaugen und die stetig von acht auf knapp drei Grad fallende Außentemperatur wohl zu bedeuten haben. Vorerst muß ich mich jedoch nicht dem Witterungsunbill aussetzen - es gilt eine Zolldeklaration und die Einreiseerklärung auszufüllen. Nein, ich habe weder Giftspritzen (gilt Heparin als solche?) noch Langschwerter oder Biowaffen dabei, gleichfalls wurde ich niemals in Japan rechtsgültig eines Verbrechens verurteilt. Zumindest noch nicht.

Schlange stehen

Schlangen in Tokio [82 KB] Schon am Check-Out Schalter nehme ich mit Verwunderung die Tokioter Eigenart zur Selbstorganisation zur Kenntnis. Es formieren sich aus dem Nichts heraus wohlgeordnete Menschenschlangen, deren Bestandteile geduldig auf ihre Abfertigung warten.

Schließlich bin auch ich an der Reihe, nicht ohne von allgegenwärtigen Videomonitoren auf meine Pflichten als Teilzeitjapaner zur Mitwirkung bei der Verbrechensbekämpfung hingewiesen worden zu sein. Kaum hat mein funkelnagelneuer Reisepaß die erste Trophäe - bestehend aus einem angetackerten Billett samt Stempel - erhalten, gilt es die richtige Buslinie nach Shinagawa zu finden. Schließlich sind wir im Shinagawa Prince Hotel untergebracht und für eine Taxifahrt zu ungeduldig und vor allem zu geizig.

Spätestens hier reift die Erkenntnis, daß das japanische "Hai" für "Ja" neben Zustimmung auch alles beliebig andere bedeuten kann. So z. B. "Ich habe keinen blassen Dunst von dem was Du sagst, will Dir aber auf keinen Fall zu nahe treten.".

Wir erfahren, daß der Bus nach Shinagawa soeben abgefahren ist und der nächste in ca. 90 Minuten eintrifft. Abgefahren! Immerhin wird uns diese Information zuteil, bevor wir ein diesbezügliches Ticket erworben haben. So entscheiden wir uns, die JR Yamanote Linie der Japan Rail anzutesten. Die kostet zwar um die 1400 Yen, ist aber "Express". "Express" bedeutet in diesem Fall eine Fahrzeit von etwa eineinhalb Stunden (Shinagawa liegt ziemlich weit im Süden der Insel) und den Luxus einer Direktverbindung. Doch vorher ist detektivischer Spürsinn bei der Suche nach dem richtigen Eingang gefragt.

Irgendwie fährt hier zwar alles in die Innenstadt, doch gibt es Züge in allen Regenbogenfarben, die leider alle dem U-Bahnnetz zugeordnet, folglich einigermaßen "lame" und überdies für unser Ticket tabu sind. Das ist wie der Unterschied zwischen der Deutschen Bahn DB und dem Münchner Verkehrs- und Tarifverbund MVV. Aber wenigstens gibt es hier keine Bimmel-Lok auf dem Straßengleis. Wir sind dem weißbehandschuhten Officer ziemlich dankbar, als er uns auf unsere hilflosen Blicke hin zu einer Rolltreppe führt, die verschämt mit den Initialen "JR" gekennzeichnet ist. Domo arigato gozaimass, Herr Schaffner!

Urban Assault

Rezeption [63 KB] Kaum erreichen wir verschwitzt und abgehetzt den Bahnsteig fährt auch schon der Zug ein. Im ähnlich der Empfangshalle ebenso überheizten Abteil erwarten uns nummerierte Sitzplätze mit Aussicht auf die vorbeirauschende Szenerie. Mit von der Partie einige wenige Touristen und nahezu keinerlei Asiaten, die um diese Zeit wohl noch arbeiten müssen.

Vom berüchtigten U-Bahn-Stopfer fehlt weit und breit jede Spur, während ich mich beim Blick nach draußen durchaus auch im Dachauer Hinterland wähnen könnte, wären da nicht der Linksverkehr und vereinzelte Orangenbäume. Die Landschaft verwandelt sich im weiteren Verlauf zusehends Richtung urbaner Charakter aber bevor sich meine Blicke an potentiell sehens- und fotografierenswerten Wolkenkratzern festsaugen können, durchsticht der Yamanote auch schon die Erdoberfläche, wir tauchen ab in den Untergrund.

Plüschbett [55 KB] Eine weitere halbe Stunde später sind wir endlich an unserem Ziel angekommen und steigen voller Spannung die Treppe in einen neues, ungewohntes und fremdartiges Land hinauf. Wider Erwarten erdrückt mich die Bebauung keineswegs, Shinagawa geht als gefühltes Mittelding zwischen Neuhausen und Frankfurt durch, da sich relativ niedrige Wohnhäuser mit mittelgroßen Hoteltürmen abwechseln.

Der einsetzende Regen schränkt die Fernsicht noch weiter ein und so entscheiden wir, zunächst unsere Hotelzimmer aufzusuchen, damit ich mit dem frisch erworbenen Schutzkontaktreisestecker meinen leergezuzelten Laptop aufladen kann. Man begegnet uns ausgesprochen freundlich, mit wiederholt aneinandergereihten Miniverbeugungen.

Zimmer mit Ausblick [71 KB] Auf der 36. Etage im verblüffend geräumigen Hotelzimmer angekommen (ich hätte eigentlich die Fortsetzung des Horrorklassikers "Scheintot im Hockergrab" erwartet) wird mir das ganze Ausmaß des Kulturschocks bewußt: Der Kleiderschrank beherbergt zwei Paar Einwegschlappen (ein Paar zur Benutzung im Zimmer, ein weiteres ausschließlich für das stille Örtchen), das Panoramafenster gibt den Blick auf die umgebende Hochhauskulisse frei und in der Ferne kann man sogar den Fuji-Krater mit seinen gut 3500 Metern Höhe erahnen.

Da eine Besteigung nur im Juli und August möglich ist, kann ich der Versuchung widerstehen, meinem rüstigen aber dennoch in den Mittsechzigern angekommenen Mitreisenden am Wochenende eine spontane Bergtour ohne Sauerstoffgerät vorzuschlagen.

Elektroklo

i-Drive Toilette [65 KB] Stattdessen meldet sich ein dringendes Bedürfnis und ich stehe staunend vor einem Spitzenprodukt japanischer Halbleitertechnologie, welches in Bedienungskomplexität sogar das in dieser Hinsicht legendäre BMW i-Drive erster Generation in den Schatten stellt. Dieser Thron ist nicht nur stufenlos beheizt, er beherrscht auch eine ungemein lästige Intervallspülung und verfügt über eine Reihe japanisch beschrifteter Sensortasten.

Die ebenfalls japanisch abefaßte Bedienungsanleitung auf dem Deckel weist mich nur in Piktogrammen darauf hin, daß ich weder sperrige Gegenstände noch umweltschädliche Stoffe dort hinein entsorgen möge. Ach!

Ich lasse es auf einen Versuch ankommen und erprobe experimentell, daß es sich hier um ein integriertes Duschsystemsystem handelt, mit dem sich Parteien jeden Geschlechts die Rosette und die Damen der Schöpfung ihre Muschi spülen können. Glücklicherweise habe ich ein Ersatzunterhemd und eine Ersatzhose mitgenommen, der materielle Schaden hält sich also in Grenzen während meine Hochachtung vor dem technikverliebten Volk den ersten Knacks erleidet.

Kack-konsole [48 KB] Man kann aber den roten Stoptaster dauernd gedrückt halten (oder sich - für permanenten Erfolg - mit dem Leatherman an der Stromversorgungsdose zu schaffen machen) und so wenigstens ungestört seine Erledigungen verrichten. Sicher löst das System zwar zeitgleich an der Rezeption einen "DAU"-Alarm aus, eine weitere Eskalation kann mit dem Hauptschalter im Flur aber verhindert werden.

Der vorsorglich im Vorfeld beim Elektronikdiscounter besorgte, ach-so-sichere "Schutzkontaktstecker mit Japanmodul" paßt übrigens nirgends, außer vielleicht in einer japanischen Starkstromschlosserei, jedenfalls nicht an jeglichen Zimmersteckdosen. Mit dem schon parat liegenden Leatherman und etwas Forscherehrgeiz kann ich aber am Badezimmerföhn einen direkten Zugang für meinen zweipoligen Notebookstecker schaffen und nehme mit Genugtuung zur Kenntnis, daß das orange Ladelämpchen zu flackern beginnt.

So ein Mehrbereichnetzteil hat eben doch sein Gutes. Nur zu Duschen traue ich mich unterdes nicht und ziehe die eingehende Prüfung meines noch in München bestellten USB-Sticks der Marke "Samsung" vor. Den, bzw. seinen großen Bruder hätte ich vermutlich auch vor Ort in Akihabara, seines Zeichens Elektronikmekka von Tokio kaufen können. Zum halben Preis und mit lustigem, neonbunten Zubehör - aber ich will ja jetzt Musik hören und ein bißchen relaxen.

Schirmgarage [124 KB] Musik wiedergeben kann das Ding famos, ganz ohne Umschweife, mit einer sehr intuitiven Menüführung und kapazitiven Bedientasten. Mein Vertrauen in asiatische Designkünste sind wiederhergestellt, auch wenn Mr. Samsung aus China kommt. Akihabara steht für Samstag auf der Agenda, schließlich kann man nie wissen, wie heilig der Sonntag im Land der aufgehenden Sonne ist.

Frisch geduscht treffe ich mich mit meinem Kunden zu einem kleinen Spaziergang - nach über dreizehn Stunden regungslosen Sitzens tut ein bißchen Bewegung gut. Der mäßige aber doch ergiebige Regen verliert dank Leihschirm schnell an Schrecken und wir machen uns - mit meiner D70 bewaffnet - auf den Weg. Beim Gang durch die Häuserzeilen wird schnell klar, daß sich die Nutzung der U-Bahn doch lohnt. Wer als Tourist mit etwas Engagement durchaus die gesamte Innenstadt per pedes erforschen kann, der resigniert bei den länglichen Etappen ziemlich schnell, insbesondere da zwischen den hoch aufragenden Bürotürmen der Überblick doch einigermaßen eingeschränkt ist.

Trafo Thekla im Stromnetz [115 KB] So staunen wir lediglich über die zu kunstvollen Spinnweben gewobenen Stromleitungen in deren Zentrum nicht Biene Majas "Thekla" sondern meist ein fetter Transformator sitzt.

Nach einigen Irrwegen gerät der Prinz von Shinagawa wieder ins Sichtfeld und es ergeht der Beschluß, im Themenlokal "Ajikaido Gojusansugi" zu dinieren, das eigentlich aus sieben Separees besteht, jedes mit traditionell japanischer Küche. "Tempura" lautet unser Motto, ein ursprünglich aus Portugal entlehnter Mix aus frittierten Meeresfrüchten und Gemüse im Teigmantel. Wir kauen uns durch die ganze Palette, vom Babyaal über Minitintenfisch und Lachs bis hin zu Baumpilzen und Auberginen.

Selbst als jemand, der schwimmendem Getier eher skeptisch gegenübersteht kann ich nicht klagen. Der Koch, der sich ausschließlich um unser Wohlbefinden kümmert, geht exzellent mit dem Frittierbottich, zwei Metallstäbchen und einem Schöpfsieb um und kredenzt uns erstklassige, auf den Punkt gegarte Ware.

Dazu gibt es reichlich grünen Tee und später noch Sake, den weithin bekannten japanischen Reiswein - in reichlichen Mengen. Sake kann man kalt aber auch warm konsumieren, wir trinken ihn warm, was alsbald für eine angenehme Bettschwere sorgt.

Tokio Skyline [279 KB]

Vorher mache ich aber schnell noch eine Langzeitbelichtung der Skyline und eine etwas kürzere von der schnuckeligen japanischen Kassiererin samt Cheffe und Garçon, die sich sichtlich freuen, wenn auch mal ein teutonischer Rucksacktourist zur Kamera greift.

Niedlich! [72 KB] Inzwischen ist es schon fast 22:00, ich entschuldige mich, vereinbare einen Frühstückstermin um 8:00 - schließlich wollen wir für den uns morgen bevorstehenden Businesstag auch einigermaßen ausgeschlafen und präsentabel aussehen. Noch schnell ein bißchen Reisetagebuch, ein kurzer, kopfschüttelnder Blick in Christoph Neumanns "Darum nerven Japaner" und mir fallen unerbittlich die Augen zu, während die Großstadt zu meinen Füßen mit abertausenden Lichtern flimmert während die nur als Schatten erkennbaren Haie unter der blau beleuchteten Kuppel am Parkplatz zum "Epson Aqua Stadium" unablässig ihre Kreise ziehen.

Freilich ziehe ich die Vorhänge nicht zu, wäre ja jammerschade um die schöne Aussicht!

Japanische Merkwürdigkeiten

Mundhygiene [103 KB] Wußtet ihr übrigens schon, daß es in Japan untersagt ist, sich in öffentlichen Badeanstalten mit Seife zu duschen, manche Menschen wasserdichte Badehosen über ihrer normalen Unterwäsche tragen um sich nicht der Peinlichkeit einer öffentlichen Entkleidung preiszugeben und es brackige "Hygienebecken" gibt, in die jeder Besucher zwangsweise vor Benutzung des eigentlichen Bassins hüpfen muß? Dieser Sachverhalt erschließt sich mir ebenso wenig wie die Tatsache, daß der Bademeister im Schwimmbad zu jeder vollen Stunde eine Pause für etwa zehn Minuten anordnet, damit sich der ausgemergelte Körper wieder erholen kann...?

Sachen gibt's, die gibt's gar nicht. Das ist wohl auch der Grund, warum das edle Shinagawa Prince weder über einen Fitnessraum noch über Sauna oder Pool verfügt, man sich aber stattdessen für unter 40 Euro für eine ganze Stunde durchwalken lassen kann. Dieses Angebot heißt im Hotelführer "Hand Relaxation" (=Handentspannung) - ein Schelm, wer Böses dabei denkt... Ich passe vorsichtshalber.

Sekunden später schrillt mein Telefon, am anderen Ende der Leitung ist eine elektronische Geisha, die gebetsmühlenartig das Sprüchlein "Good morning, this is your wakeup call!" heruntersagt. Ich heiße sie eine dämliche kleine Asienf*tze und hoffe, daß die Rezeption nicht mithört, Deutsch versteht und mir umgehend eine Hostess zur Befriedigung meiner Wünsche schickt. Die aufgehende Sonne streichelt bereits die Spitzen der Skyline mit ihren glutroten Strahlen, vom Verkehrschaos weiter unten merkt man keine Spur.

Stadt der aufgehenden Sonne [122 KB] Ich treffe mich mit meinem Kunden im "Yahoo-Café", wo es Wireless-LAN, Internet-PCs mit Webcam sowie westliches und östliches Frühstück gibt. Verglichen mit unserem feudalen Diner am vergangenen Abend nimmt sich die Eierpampe nebst turmhohen Toastbrotwürfeln und einer merkwürdigen Suppe zwar etwas gewöhnungsbedürftig aus - diese Option erscheint uns aber immer noch um Längen besser als die asiatische Variante, die von unseren Nebenmännern (Frauen sucht man um diese Tageszeit vergebens) mit lauten Schlürfgeräuschen und unter Zuhilfenahme der allgegenwärtigen Stäbchen herunter geschlungen wird. Die Nahrung sieht ein bißchen wie eine Mischung aus Salat, Algen, irgendwelchen Sojaprodukten und einem undefinierbaren Erbsenmus aus - als bekennender Nichtfrühstücker meilenweit über meiner Toleranzschwelle!

Nach dem Essen sitzen wir noch zu einem kurzen Briefing für die bevorstehende Präsentation zusammen und besprechen insbesondere die taktische Vorgehensweise. Wir würden sie schon kleinkriegen, diese Schlitzaugen.

Meet & Greet

Under Ground [97 KB] Pünktlich wie die Uhr empfängt uns unser Scout, den die japanische Firma zu unserer Eskorte geschickt hat. Er sieht erwartungsgemäß aus, offenbar gibt es in Tokio nur einen einzigen Herrenausstatter und so gleicht das Foyer einer Ansammlung von Pinguinen, die sich nur in der Art des Mundschutzes und dem Mobiltelefon unterscheiden, das sie krampfhaft ans Ohr drücken.

Herr Katahata soll uns ins Hauptquartier bringen, wo wir mit Technikern, Entwicklern, Managern und Marketingtypen eine Diskussion führen. Katahata sieht man seine 42 Jahre nicht an, eingedenks meiner Stirnfalten könnte ich glatt sein Großvater sein. Das muß unbedingt an einem streßarmen Lebenswandel, der gesunden Ernährung und den vielen Reisen gelegen haben, die er schon unternommen hat. Wir plaudern über München, das Glockenspiel, griechische Inseln, Detroit und die desolate Lage der Wirtschaft während wir uns durch die U-Bahn schlängeln.

Auch hier geht es zwar eng aber äußerst gesittet zu: Kleine dunkelhaarige Menschen warten, geduldig Schlange stehend, bis der einfahrende Wagen hält und begeben sich dann gemessenen Schrittes ins Innere. Dort wimmelt es von Haltegriffen, Videomonitoren, die z. T. Werbung, z. T. Zugziele anzeigen, letztere aber in so stroboskopischen Wechsel zwischen japanisch und englisch, daß mir schon vom Zusehen schlecht wird. Von der Decke baumeln Reklametafeln - für einen normal gewachsenen Europäer quasi Scheuklappen aus Pappe.

Insgesamt ist der öffentliche Nahverkehr aber einigermaßen gut organisiert, nur leider beinhaltet der Anhang "Subway und Railway" meines Marco-Polo Reiseführers bestenfalls Auszüge des Gesamtverkehrsnetzes und die von mir als extrem nützlich empfundenen Buchstaben-Zahlenkombinationen der Stationen finden sich keineswegs an den entsprechenden Bahnhöfen wieder.

Railwayroulette [104 KB] Genauso wenig kann man die Haltestellen in japanischer Schreibweise nachschlagen, was mir beim Lösen der Einzelfahrkarte am ausschließlich landessprachigen Automaten den einen oder anderen Schweißausbruch beschert. Der Automat verlangt eine Zahlenkombination für das Ziel anhand derer er den Fahrpreis ermittelt und nimmt freilich nur Bares, in Papier- oder Metallform.

Das Resultat ist ein winziges Billett mit kryptischen Zeichen und ebendieser Nummer, die man an der Eingangsbarriere in einen viel zu großen Schlitz stecken muß. Dieser saugt den Papierfitzel mit aberwitziger Geschwindigkeit in die Eingeweide eines blechernen Apparats, wo sich vermutlich tausende winzige Japaner um die Entzifferung kümmern und erscheint Millisekunden später am gegenüberliegenden Ende des Gatters während sich sich idealerweise die Absperrung öffnet. Dasselbe tut man beim Verlassen der U-Bahn am Zielort, dort wird das Ticket allerdings einbehalten - Trophäensammler müssen sich also eng an ihren Vordermann halten und darauf achten, daß sie bei dieser Missetat nicht vom weißbehandschuhten Officer ertappt werden, der den Altfahrscheincontainer in regelmäßigen Abschnitten leert.

Businesstower [110 KB] Etwas verfrüht im Büro des japanischen Herstellers angekommen hebt alsbald ein reges Visitenkartentauschspiel an, bei dem es Usus ist, die Karte mit beiden Händen zu empfangen, sie mit kleinen Verbeugungen eingehend zu studieren und währenddessen die besondere Ehre dieser Bekanntschaft kundzutun während man mit der gebotenen Achtsamkeit die Visitenkarte z. B. in der Brusttasche verstaut und sein eigenes Kontaktpapier überreicht.

Schnell sind wir alle vollzählig und es startet die unvermeidliche Kennenlernrunde. Ganz offenbar sprechen nur etwa 10% unserer Gastgeber halbwegs akzeptabel Englisch - nämlich nur und ausschließlich unser Abholdienst und Kosmopolit Katahata, der überdies noch den Posten eines "Coordinator for international Relationships" wahrnimmt.

Kirschblüte [68 KB] Während mein Begleiter ein wenig zum Wesen der Dinge im Geschäft und der Wichtigkeit eines Jointventures referiert, hantiere ich am Videobeamer und sehe gedanklich schon meine Felle davonschwimmen. Bis die rund 45 Seiten der Präsentation gezeigt, übersetzt, verstanden und diskutiert sind, ist vermutlich die Kirschblüte, das Frühlingsfest, das Feuerwerk am Sumida-Fluß, die Fuji-Bergsteigesaison, Samurai-Parade und Kaisers (nicht der Versicherungsmensch sondern das japanische Staatsoberhaupt) Geburtstag schon zum zweiten Mal Geschichte.

Ich hätte besser das im Hotelzimmer bereitstehende Jadetee-Refreshenerspray zur Achselnässeprophylaxe verwenden sollen. Und zwar reichlich.

Irgendwann bin ich an der Reihe, lege vehement und zielstrebig los. Sehr zupass kommt mir in dieser Situation, daß eine japanische Übersetzung meines Vortrags zur Verfügung steht, wenn auch die Wortneuschöpfungen meiner im technischen Vokabular offenbar nicht ganz so fitten Übersetzerin gelegentlich für ausgelassen Heiterkeit oder auch fragendes Kopfkratzen im Kreise der Zuhörer sorgt. Zum Eklat kommt es, als sich ein weiteres Mißverständnis auftut: Meine Gegenüber hätten eher eine Verkaufspräsentation erwartet als eine softwareentwicklerische Auseinandersetzung mit der Materie.

Wie unpackbar peinlich!

Ich versuche, die Situation zu retten indem ich auf den Effekt der geplanten Änderung hinweise und wie sich diese in Form von zusätzlicher Performance auf das Produkt auswirkt. Zwischendurch beobachte ich gespannt die internen Diskussionen der japanischen Belegschaft, die mir von unserem Übersetzer gelegentlich auch in Englisch nahegebracht wird.

Schließlich plaudert ein mir gegenüber sitzender Techniker aus dem Nähkästchen, zeigt seine Softwareentwicklungsumgebung und schildert Probleme bei der Unterstützung neuer Sprachen (insbesondere Chinesisch und Koreanisch) und die Herausforderungen, die bei der Implementierung neuer Hardware zu bewältigen sind. Diese Steilvorlage kommt mir wie gerufen, ich weise darauf hin, daß ich auf ebendieses in meiner Präsentation zielte und die zur Lösung notwendigen Strukturen quasi schon im Geschäftsprozeß meines Kunden abgebildet sind. Wir haben also zu 99% dasselbe Ziel, drücken es nur unterschiedlich aus. Von da ab breitet sich große Zufriedenheit in den Mienen meiner Gesprächspartner aus, die bärtigen weißen Langnasen aus Germany sind also doch nicht so dumm wie zunächst angenommen, nur etwas begriffsstutzig und eben recht merkwürdig in ihrer Ausdrucksweise.

Zu meiner großen Zufriedenheit beschließt man, in Zukunft wesentlich enger zusammenzuarbeiten, stellt eine Softwareentwicklungskooperation in Aussicht und vereinbart, nach Unterzeichnung eines NDA (Non Disclosure Agreement, eine Stillschweigensübereinkunft) umgehend mit der Implementierung neuer Hardware, der Übersetzung und Vermarktung zu beginnen. So waren die vergangenen 3½ Stunden also doch noch gewinnbringend und konsensfähig investiert, man quetscht sich zufrieden reihum die Flosse und erweist sich mit weiteren Miniverbeugungen die Aufmerksamkeit.

Sushilokal [114 KB] Sogar der Oberboß gibt sich die Ehre, ein typischer kleiner, grauhaariger, drahtiger Asiat mit bis zum Bauchnabel hochgezogenem Hosenbund seiner Bundfaltenhose, der so auch von der Leinwand eines Jakuzastreifens herabgestiegen sein könnte. Herr Suzuki hat viel zu tun, wünscht uns noch einen schönen Abend und entläßt uns zum obligatorischen Geschäftsdinner, das wir im Separee eines angesagten japanischen Restaurants einnehmen - freilich nicht, ohne unserer Schuhe ausgezogen und uns auf Kissen vor dem etwa kniehohen Tisch niedergelassen zu haben.

Es gibt Sushi, ein Glas Bier vorneweg, diverse Reisweine und -schnäpse hinterher und allerlei Meeresgetier mit Stielaugen, Schuppenschwänzen und vielen Beinchen. Die eigentliche Herausforderung ist aber, unter Alkoholeinfluß in Sesamöl geschwenkte Nudeln in eine Sojatunke und von dort möglichst ohne Peinlichkeiten zum Munde zu befördern. Das ganze - wie sich von selbst versteht - mit Eßstäbchen. Ein verschämter Blick zur Seite zeigt, daß man hierzulande von Knigges Benimmregeln wenig hält, das Geschirr geht zum Munde, schaufeln und schlürfen ist auch in den oberen Etagen vollkommen gesellschaftsfähig.

Eine überaus praktische Einrichtung ist auch die funkferngesteuerte Klingel am Tisch: Beim Druck auf den Sensortaster materialisiert sich quasi instantan eine entzückende japanische Bedienung in unserem Eßabteil, sie trägt einen traditionellen pflaumenfarbenen Kimono, Fingersocken mit Glöckchen oder anderem undefinierbaren Glasklimbim und an der Kehrseite ein weißes Seidenschleifchen. Auch hier gehören Nick- und Verbeugungsorgien zum Programm, bei den piepsig gehauchten "Dohzo", "Domo", "Aligatoh gozaimaschta" könnte man sich an eine Folge des Richard Chamberlain Klassikers "Shogun" erinnert fühlen.

Unsere Gastgeber tauen - nach ihren Kenntnissen von Europa, Urlaubsreisen und Hobbys gefragt - sichtlich auf, es bestätigt sich meine Vermutung, daß jeder kleine Japaner mit einer Kamera um den Hals und einem Netbook in der Jackentasche auf die Welt gekommen ist.

Wir sehen Bilder von alten Schlachtschiffen und Details eines ehrgeizigen Reverse-Engineering-Projekts mit einem zwanzigjährigen BMW M3 im Mittelpunkt. Dessen Steuergerät wurden mit selbstgebastelter Technik sämtliche fahrdynamischen Geheimnisse entrissen. Auf meine Einlassung, ich hätte ein paar Kontakte zum bayerischen Motorenbauwerk und könnte ggf. auch mit aktuelleren Insiderinformationen dienlich sein falls die Anschaffung eines Nachfolgeboliden geplant sei, blicke ich in ein paar glänzende Augen und meine fast, ein Rührungstränchen erkannt zu haben.

Den Abend beschließt ein landes- und geschäftsübliches Ritual, bei dem alle Beteiligten auf die Bänke steigen, einen Glückwunsch um gutes Gelingen der beruflichen Anstrengungen sowie Gesundheit für die Familie erbitten und man zur Bekräftigung auf Kommando gleichzeitig in die Hände klatscht.

Blick vom "Top of Shimagawa"" [130 KB] Die Heimreise gestaltet sich weitestgehend ereignislos - ganz offenbar beschleunigt ein gewisser Alkoholpegel die Assimilation von Eigenarten des japanischen Nahverkehrs. Zur Belohnung genehmigen wir uns noch einen Drink im angesagt-feinen "Top of Shimagawa" im 39. Stock des Hauptturms während am Nebentisch ein Liebespärchen am lumineszierenden Cocktail nuckelt.

Ich verabschiede mich auf mein Zimmer und verewige die Eindrücke des Tages in meinen elektronischen Memoiren, sehr gespannt, was die morgige Fortsetzung der Verhandlungen wohl bringen wird.

Another Rainy Day in Tokyo City

Mein Spiegel und ich [62 KB] Viel zu früh klingelt auch schon wieder das Telefon, am anderen Ende der Leitung die Wecktante vom Vortag. Ich drücke sie weg und nicke wieder ein.

Plötzlich reißt es mich förmlich aus den Federn, noch 10 Minuten, bis ich unten in der Lobby zur Abholung erwartet werde. Ein Blick in den Badezimmerspiegel - fürchterlich. Eine Dusche ist zur Wiederherstellung dringend erforderlich, die Hemdknöpfe einfädeln und die Krawatte binden kann ich schließlich auch noch im Aufzug. Das Marketingmeeting findet nur zwei Zugstationen von Shinagawa entfernt statt.

Mit schlechtem Wetter und dem Überfüllungsproblem der Tokioter Metro/U-Bahn haben wir bis dato noch keine negativen Erfahrungen gemacht. Das sollte sich jetzt, um knapp 9:00 im abebbenden Stoßverkehr ändern. Es gießt in Strömen - glücklicherweise habe ich noch meinen 300-Yen-Wegwerfregenschirm des Hotels zur Hand und so löst sich meiner Boss-Sakko-gepimpte Erscheinung wenigstens nicht sofort in Wohlgefallen auf. Im Untergrund angekommen, fährt ein augenscheinlich voll ausgelasteter Wagen ein, an dessen beschlagenen Scheiben innen schon die Wasserperlen herunterrinnen. Wie sich die Menschenschlange dort noch hineinzwängen will, erscheint mir höchst fraglich. Sie schafft es, die Anwesenden nehmen es mit stoischer Gelassenheit.

Im - wie üblich tropisch warmen - Zugabteil (beheizte Sitze gehören zum Standard!) erhält man einen ersten Hinweis, warum die Idee eine Gesichtsmaske zu tragen offenbar doch nicht die verkehrteste ist: Man kommt sich nah, sehr nah sogar und mein Deo beginnt zu versagen. "Wenigstens umfallen kann man nicht!" denke ich mir während mein Guide erklärend hinzufügt, daß er zu den "wirklichen Stoßzeiten" die Wagons mit ungefähr doppelt so vielen Fahrgäste vorfinden würde.

Ich nicke verständnisvoll und sehe unserem Abreisetag (ein Montag) fürderhin mit einiger Skepsis entgegen. Es ist vorstellbar, daß um 8:00 möglicherweise nicht nur wir zwei von Shinagawa zum Flughafen wollen. Note to self: "Das fünfziger Objektiv draufstecken und die Kamera überkopf halten, aus dem Rucksack kriege ich das Ding so nie raus.".

Am Bahnsteig [111 KB] Nach unserer Ankunft erwartet mich ein einigermaßen langweiliges Businessmeeting, bei dem ich händeschüttelnder- und verbeugenderweise zwar meine letzte Visitenkarte, nicht aber meine Präsentation loswerde.

Ich tue es also Freund Katahata der mir gegenübersitzt gleich und kämpfe gegen den Schlaf. Die Möglichkeit, an jedem Ort und zu jeder Tageszeit schlafen zu können, scheint mir übrigens eine Grundvoraussetzung für das Leben in dieser Stadt. Da man täglich mehrere Stunden in Zug und U-Bahn vegetiert, kann diese Zeit auch nutzbringend für ein Nickerchen verwendet werden und man spart sich daheim ein paar Stündchen für das Zusammensein mit Kind und Kegel.

Schließlich ist es geschafft und die einzige Herausforderung besteht darin, das Mittagessen (Sushi und Tempura, diverse Salate, ein undefinierbares Süppchen und weitere Meeresfrüchte) halbwegs galant mit dem japanischen Eßbesteck zum Munde zu führen.

Nach einem herzlichen Abschied mit Glückwünschen für die weitere berufliche und private Zukunft ist der offizielle Teil Vergangenheit - wir schütteln noch ein paar Hände, vollführen Miniverbeugungen und machen uns auf den Weg ins Hotel. Dort entledige ich mich meiner Businessklamotten und schlüpfe in die abgetragensten Fetzen, die ich im Koffer finde.

Böser Blick [72 KB] Auf dem Freizeitplan steht der auch als "Electric City" bekannte Stadtteil Akihabara, das der Reiseführer als Mekka für Elektronik-, Computer-, Spiele- und Mangafans beschreibt.

Bis dorthin müssen wir zweimal umsteigen und meinem Wunsch folgen, uns den japanischen Hochgeschwindigkeitszug "Shinkansen", seinerzeit weltschnellstes schienengebundenes Linienfahrzeug der schließlich vom französischen SNCF vom Thron gestoßen und respektvoll "Bullet-Train" genannt wird, anzusehen.

Kugelblitz

Kanten und Linien [111 KB] Ganz offenbar gibt es ihn in mehreren Geschmacksrichtungen, die eine, ältere, ist vorne unauffällig spitz zulaufend, ein schlichtes Produkt aerodynamischer Notwendigkeiten. Die neuere Generation, auf deren Rumpf stolz der Schriftzug "Model 700" prangt, kann mit fast rubenshaften Linien glänzen:

Vorne eine Art "Entenschnabel", Dachspoiler und eingebauter böser Blick. Ich fotografiere einige der jeweils sekundengenau eintrudelnden Exemplare, wundere mich über die extrem kurzen Taktzeiten (man stelle sich vor, in Hintertupfing in den ICE ein- und fünf Minuten am Hauptbahnhof wieder auszusteigen!) und nehme mir vor, die Bahnsteigkarte als Andenken zu behalten.

Dazu bitte ich natürlich die nette Dame am Schalter um nicht an der automatischen Schranke das Ticket ohne Gnade in den Eingeweiden der Apparatur verschwinden lassen zu müssen. Madame bedeutet mir nachdrücklich, den Schnipsel in den dafür vorgesehenen Schlitz zu stecken und ich resigniere schon weil ganz offenbar mein Anliegen nicht verständlich genug transportiert wurde.

Schnabeltiere [75 KB] Doch weit gefehlt: Man öffnet mir den Kartenabwurfschacht, holt die fragliche Karte heraus und ich erhalte sogar noch ein original Shinkansen-Stempelchen mit Logo auf dem Fahrschein. Sehr zuvorkommend, wie ich finde. Dozo!

In Akihabara regnet es erwartungsgemäß immer noch, allerdings in Verbindung mit einer ausgesprochen regenschirmunfreundlichen Brise, die das Exemplar meines Begleiters von einer Sekunde auf die andere in ein Gerippe aus Draht und Plastikfolie verwandelt. Mit diesem Ende steht er nicht alleine da, wie einige vorbeisegelnde Leidensgenossen bezeugen.

Die elektrische Stadt kann man sich so ähnlich wie die Schillerstraße im Münchner Hauptbahnhofviertel (böse Menschen nennen diese Gegend "Computerstrich") vorstellen, allerdings um Zehnerpotenzen lauter, greller, schriller, skurriler und abgefahrener.

Shinkansen-Ticket [423 KB] Technik koexistiert neben Tand, Sushi neben Schnitzel, Tavernen neben Tempeln - alles garniert mit den allgegenwärtigen Marktschreiern, die einen zum Besuch der einzig wahren Schnäppchenmärkte animieren wollen, dazwischen psychedelische Manga-Reklame von LCD-Riesenbildschirmen und Computerspiel-Demos.

Schade, daß ich noch nicht die alten Folgen von "Radio Active Man XIV" fertig gespielt habe, denn sonst hätte ich jetzt umgehend die 8000 Yen für die fünfzehnte Fortsetzung auf den Ladentisch geblättert, mich zwei Wochen in meiner Computerstube verschanzt und wäre anschließend als Zombie wieder ans Tageslicht gekommen. Etwas untot nämlich muten mir die zahllosen Zocker irgendwie schon an, wie sie sich um die Testkonsolen scharen.

Kitsch und Krempel

Zockaholics [97 KB] Für mich ist das irgendwie nichts, ich halte den digitalen Wahnsinn mit meiner Nikon auf Speicherkarte fest, da sich die Regenwolken inzwischen dankenswerterweise in Wohlgefallen aufgelöst haben und schlage vor, einen Abstecher zu der kleinen Insel inmitten eines Sees zu machen, die ich in der Ferne erkannt zu haben glaubte.

Akihabara [164 KB] Wieder bestätigt sich das Vorurteil, daß Kunst und Krempel in Tokio näher zusammenlegen als irgendwo sonst. Blühende Kirschbäume und eine Tempelanlage an der man Hölzchen mit Glückwünschen und Räucherstangen anbringen kann und Horoskopzettelchen an einer stählernen Wäscheleine stehen Seite an Seite mit den lichtgirlandenumwundenen Drahtnetzartefakten eines Spielzeugherstellers während dahinter die Hochhauskulisse mit ihren Lichtern funkelt.

Wir lassen es mit diesen Eindrücken bewenden und treten den Heimweg an. Das Dinner findet wieder im "Ajikaido Goijusansugi" statt - dieses Mal entscheiden wir uns für Shabu-Shabu im "Fujikawa". Ich verzichte freiwillig auf das Angebot meines Gastgebers, die japanische Rindfleischspezialität "Kobe" anzutesten. Für umgerechnet über 100 Euro Menüpreis ist mir das denn doch ein wenig peinlich.

"Wolle Handy kaufe?" [130 KB] Stattdessen darf es ein normales Rind sein. Zusammen mit Vorspeise, zwei Bierchen und Aperitif ist man so auch schon seine 60 Schleifen los, zwar mehr als reichlich Proteine aber trotzdem mehr als reichlich teuer.

Wir verabschieden uns zur Sperrstunde, die wie in allen Eßlokalen gegen 22:00 relativ früh beginnt. Da wir für den kommenden Tag einen Besuch des Fischmarkts von Tokio (am Hafen in Tsukji gelegen) planen, kommt uns dieses zeitige Ende durchaus recht. Die Versteigerung der Thuns beginnt um 5:30, da heißt es früh aufstehen.

Der frühe Vogel fängt den Fisch

Mein Tokio-Tagebuch hat wieder einmal viel zu lange gedauert und so klingelt mein Wecker einen gefühlten Wimpernschlag nachdem ich mich mit der Millionenmetropole zu meinen Füßen schlafen gelegt habe. Erst 4:00 ist es, und beim Aufstehen schwindelt es mich wie in einem Aufzug, der im freien Fall vom 40ten Stockwerk eine Vollbremsung im Foyer hinlegt. An Duschen oder Zähneputzen ist nicht zu denken, das Mundwasser Marke "A(LDI)temfrisch" muß ausreichen. Der Kamerarucksack steht bereit, die Blitzlichtakkus sind gefüllt.

Tempel in Akihabara [146 KB] Der Fischmarkt von Tsukiji, nordöstlich in Nähe der Tokioter Bucht gelegen, lockt mit seiner Thunfischauktion, die - zumindest, wenn es nach den einschlägigen Reiseführern geht, in keiner Andenkensammlung eines Touristen fehlen darf. Wir treffen uns im Foyer (glücklicherweise schaut mein Kompagnon mindestens genauso Knautschzone aus wie ich) und nehmen - noch weit vor Tagesanbruch - wieder einmal die Yamanote von Shinagawa um in Ginza in die Metro nach Tsukiji umzusteigen.

In Ginza allerdings der Schock: Heruntergelassene Jalousien. Erst um 5:00 nimmt die U-Bahn in Tokio ihren Betrieb auf. An einem verlassenen Bahnhof mitten am A. d. W. blicken wir uns hilflos um, guter Rat ist teuer. Nach einigen Schritten um den Block jedoch die Rettung: Ein Taxistand an dem auch glücklicherweise eine Taxe steht!

Für wenige Yen bringt uns der Chauffeur zum Eingang des Fischmarkts - ein Gang zu Fuß hätte ohne Karte vermutlich schmerzhaft lange gedauert.

Lageplan Tsukiji Fischmarkt [306 KB] Am Ziel angekommen weist uns ein unscheinbares Schild den Eingang. Zwischen gestapelten Styroporboxen in denen sich totes Tier auf Eis und allerlei Zappelndes befindet, geht es schnurstracks Richtung Auktionshalle. Auf dem Weg beobachten wir, wie im Licht zahlloser Glühbirnen die Ware für die Zwischenhändler und Endverbraucher verpackt wird.

Hier wechseln Riesenmuscheln, Babytintenfische, Seespinnen, Langusten und Krabben, Aale jeglicher Form und Farbe und anderes, vollkommen undefinierbares Getier den Besitzer. Dazwischen in rastloser Eile Männer in Kitteln und Gummistiefeln und Fahrer in miniaturisierten Pritschenwägen mit Gasmotor, an deren überdimensioniertem Lenkrad auch die Gasbetätigung in Form eines umlaufenden Rings angebracht ist.

Im Gewühl [132 KB] Auf manchen dieser Gefährte kutschieren schon gefrorene Thunfische, Plastikwannen mit wurlenden Meeresfrüchten oder der Kollege auf dem Weg zum Arbeitsplatz. Dazwischen der offenbar nur in Japan heimisch Dreiradroller, mit durchgehender Achse hinten und Knickgelenk zum Lenker hin.

Touristen sind in Tsukiji weder gerne gesehen noch verhaßt - sie werden schlicht ignoriert (so sie nicht als Verkehrshindernis stören), geduldet oder mit sanfter Gewalt und wortlos zur Seite geschoben.

Gib Gas! [116 KB] Nach einigen hundert Metern sind wir in der Auktionshalle angekommen. Dort hat man auf das Gedränge der Schaulustigen reagiert und einen Bereich abgesteckt - außerhalb ist Betreten verboten. Untersagt ist außerdem die Fotografie mit Blitzlicht (sie würde die nonverbale Kommunikation zwischen Käufer und Verkäufer stören) - sehr zum Leidwesen der Handy- und Kompaktkamerafotografen, denen bei Zuwiderhandlungen umgehend ein mehrsprachiger Aufklärungszettel in die Hand gedrückt wird.

Thunfisch-Flyer [160 KB]

Thunfisch-QA [146 KB] Mit 800 ISO und dem lichtstarken Telezoom tue ich mich freilich auch ohne das mächtige SB-600 Systemblitzgerät leicht und werde so Zeuge des illustren Treibens. Die steifgefrorenen Thuns hat man schon ausgenommen, die Schwanzflosse teilweise abgehackt und umgeklappt damit die Auktionäre sich von der einwandfreien Qualität überzeugen können. Sie tun dies mit den allerwegen im Einsatz befindlichen Haken, zerreiben das Fleisch prüfend zwischen den Fingern und kosten auch den einen oder anderen Happen.

Plötzlich erschallt eine Klingel, die vom Auktionator - auf einer umgedrehten Box stehend - geschwungen wird. Sofort ruft dieser in atemberaubenden Tempo japanische Zahlworte in den Raum während man im zahlreich anwesenden Publikum mit obskuren Handzeichen höher bietet.

Auktion [150 KB] Der Spuk ist so schnell vorbei wie er angefangen hat und der stolze Besitzer kann seine Ware am Hinterausgang in Empfang nehmen und karrt sie sofort mit der Gaspritsche Richtung Bandsäge. Ja, Bandsäge, ganz recht. Anders kann der sündteure, eiweißreiche aber leider bocksteif gefrorene Brocken nicht zu Filets oder Grundlage für leckeres Sushi weiterverarbeitet werden.

Wir schlendern noch ein bißchen zwischen den Ständen herum und sind uns einig, hier Zeuge eines brutal harten und stressigen Jobs geworden zu sein. Großmarkthändler ist wahrlich kein Spaß und an einigen Ständen ist man schon dabei, die Blutlachen von der Zubereitung mit Wasserschläuchen wegzuspritzen während anderswo noch gut verschnürte Krabben in Holzwolle und höchst merkwürdige Fische auf ihre kulinarische Erfüllung warten.

Frische Fische, Fische, Fische... [139 KB] Weiter geht's - unser Weg führt uns noch an den diversen Kantinen vorbei, drinnen ebenfalls Männer mit Gummistiefeln wie sie hastig Nudelsuppe aus kleinen Schälchen in sich hineinschaufeln. Freilich gibt es auch einen Messerstand - für rund 8'000 Yen könnte man dort feinste Küchenmesser kaufen. Wäre interessant, so ein Ding im Handgepäck in den Flieger zu nehmen - am besten noch mit einem Ninjaschwert im Hosenbein, welches man auf der Schwerterausstellung von Tokio erstanden hat. Dieser wollen wir evtl. am Sonntag noch einen Besuch abstatten.

Fastfood auf japanisch [114 KB] Draußen ist es schon hell und ein frischer Wind weht die Reste des Fischgeruchs aus Haaren und Kleidung. Nächste Station ist der nur etwa zehn Gehminuten entfernte Hama-Palastgarten (keinesfalls zu verwechseln mit seinem Namensvetter "Hama-Rikyu"!), der leider noch bis 9:00 Uhr geschlossen hat. Da die Uhr erst sieben zeigt und sich langsam der Frühstückshunger regt, beschließen wir, im "Mitsui-Garden"-Hotel des Distrikts Ginza einzukehren.

Das japanische Buffet mit seinen soja- und fischlastigen Speisen lassen wir allerdings aus gegebenem Anlaß links liegen und tun uns lieber am kontinentalen Frühstück gütlich. Zu meinem großen Erstaunen bringe ich sogar einige britische Würstchen, Rührei, ein wenig Reis und Brötchen hinunter. Der unstete Lebenswandel und der wenige Schlaf fordern offenbar doch seinen Tribut. Das "Mitsui-Garden" bietet eine grandiose Aussicht über die Bucht und den Palastgarten, angenehme Umgebung und vergleichsweise günstige Preise:

Blick aus dem "Mitsui-Garden" [200 KB]

Für etwa 20 Euro kann hier wirklich jeder satt werden.

Haus aus Gold [125 KB] Da es inzwischen zwar aufgeklart hat aber trotzdem noch empfindlich frisch ist, verzichten wir auf einen Spaziergang im Palastgarten und gehen zu Punkt drei der Tagesordnung über, die Sightseeingtour durch das angesagt Mode- und Shoppingviertel "Ginza", wo zwischen extravaganten Hochhäusern alle Modewünsche aus Japan, Frankreich und Italien erfüllt werden. Außerdem gibt es Lederwaren und reichlich Schmuck.

Selbst falls ich der Versuchung erliegen und dem Kaufrausch verfallen sollte hat die Vorsehung noch einen Trumpf im Ärmel:

Extravagant [127 KB] Die Ladenmeile hat zwar sieben Tage die Woche auf - allerdings beginnt der Tag auch erst um 11:00 Uhr. Das trifft sich gut, so habe ich mehr Zeit die zum Teil sehr geschmackvollen und individuellen Dekorationen abzulichten und Auslagen zu studieren.

Ganz in der Nähe soll sich außerdem der Sony-Showroom im - wer hätte es gedacht - "Sony Tower" befinden, wo man auf 6 Etagen der letzte Schrei an Unterhaltungselektronik präsentiert.

Des Kaisers alter Garten

Da es zum Anwesen des japanischen Oberhaupts nach dem Durchqueren von Ginza nur noch ein Katzensprung ist, entschließen wir uns, es den zahlreichen Touristen gleichzutun und einen Blick auf die Residenz zu werfen. Diese ist - ausgenommen am kaiserlichen Geburtstag am 23. Dezember und zu Neujahr (2. Januar) allerdings für Publikumsverkehr geschlossen.

Das Außengelände mit den aufwendig gestutzten Nadelbäumen kann jedoch kostenfrei betreten werden, ich schraube den Polfilter auf mein Nikkor 18-70 und mache das obligatorische Foto, welches man in jedem Reiseführer findet.

Natur und Technik [166 KB] Daneben ergeben sich noch sehenswerte Schnappschüsse von der Gartenanlage in deren Hintergrund sich die monumentale Hochhauskulisse des Geschäftsviertels von Ginza auftürmt. Für die kaiserliche Miezekatze, die wir jenseits des Wassergrabens entdecken, der die gesamte Anlage umgibt, läßt es sich wahrhaft königlich leben. Gott in Japan quasi.

Reiterdenkmal [49 KB] Wie in allen Grünanlagen Tokios ist eine Armee von Gärtnern rund um die Uhr bestrebt, der Natur einen unverwechselbar japanischen Stempel aufzudrücken. So ist es nicht selten der Fall, daß sich vier Personen gleichzeitig und voller Hingabe um einen Miniaturnadelbaum bemühen. Hier hat eben alles einen Grund, jeder Ast, jeder Winkel und jede Ausrichtung ihre besondere Bedeutung. Hiervon wird bei unserem Besuch im Hama-Rikyu-Palastgarten noch die Rede sein.

Inzwischen sind unsere optischen Sensoren gesättigt und die Füße einigermaßen schwer, weswegen wir uns eine Ruhepause verordnen. Nicht allerdings wie einige Tramps, die es sich unter den Nadelbäumen auf dem bürstenkurz geschnittenen Rasen am Busbahnhof des Kaiserpalasts (in dessen Nähe sich auch Parlament, Polizeiamt und Justizministerium befinden) in der Sonne gemütlich gemacht haben, sondern in unserem klimatisierten Hotel.

Lustschlößchen [146 KB] Zum JR-Bahnhof "Tokyo" ist es nur ein Palastmiezensprung weit und zufällig führt unsere Route am Elektronikgrossisten BIC vorbei, der in vielen Quellen als die Adresse für Kamera & Co. zitiert wird. Wir werden mit japanischer Freundlichkeit bedient, ein sich mehrfach verbeugender Angestellter geleitet uns sogar über die Straße in die andere Filiale, wo sich die eigentlichen Objekte unserer Begierde befinden. BIC führt leider nur Neuware (immerhin sind alle meine Wunschobjektive ausgestellt und ab Lager) und zu nur geringfügig niedrigeren Preise als im deutschen Kamerafachhandel.

Selbst als "Duty-Free" und Schmuggelware kann man bestenfalls eine Ersparnis von 10% herausholen - zum Preis des Verlusts von zwei Jahren Herstellergarantie. Bei einem Anschaffungswert von um die 2000 Euro ist mir das dann doch zu heiß - ich passe. Kurze Zeit später trudeln wir im Prinz von Shinagawa ein und finden unsere Zimmer akribisch hergerichtet vor. Nichts wurde dem Zufall überlassen, selbst der hervorlugende Klopapierzipfel ist millimetergenau zu einer Pfeilspitze gefaltet. Ich amüsiere mich noch einige Minuten mit dem "DAILY YOMIURO", der japanischen Tageszeitung bevor mir die Augen zufallen.

Hoch, höher, Shinjuku

Shinjuku Skyline [110 KB] Es ist 15:00 und das Telefon klingelt - am anderen Ende nicht - wir erwartet - die elektronische Geisha, sondern mein Reisebegleiter, der mich fragt was nun mit dem angebrochenen Tag anzufangen wäre. Da wir meine Samstagsplanung schon übererfüllt haben, gehe ich nahtlos zum Sonntagsprogramm über. Das trifft sich ohnehin gut, da das Wetter sonnig und meine aufkeimenden Kopfschmerzen mit einer Handvoll Aspirin leicht in den Griff zu bekommen sind.

Shinjuku ist das neue Wolkenkratzerviertel von Tokio, allen voran das öffentlich zugängliche Rathaus mit seinen zwei 243 Meter hohen Türmen.

Vorher zieht mich mein Interesse aber zu "Yodobashi Camera", dessen Geschäft sich mit mehreren Häusern und unzähligen Etagen zu Recht als weltgrößtes Kamerageschäft rühmen darf.

Hier versammeln sich nicht nur die japanischen Marken Canon und Nikon (samt deren Vollprogramm an Objektiven und Zubehör), sondern auch Leica und andere Nobelhersteller sowie ein komplettes Stockwerk mit Fotostudiobedarf. Wer das neue 1000er Nikkor in Nato-oliv-camo mit Sichtkarbongegenlichtblende, ein Lichtzelt für Makro- und Produktfotografie, Studioblitzgeräte, Folien und Leinwand oder Monitore sucht, ist hier bestens (wenn auch vergleichbar teuer) beraten. Die Jungs haben schlicht alles. Ich kann mich allerdings zurückhalten, die rund fünfzehntausend Euro für einen 22-Megapixel-Mamya-Body gibt meine Portokasse derzeit nicht ganz her.

Blick vom Rathaus [150 KB] Wir ziehen unverrichteter Dinge wieder ab und suchen Aussicht im Rathaus, wo ich meine Kameratasche zur Belustigung des anwesenden Wachpersonals unaufgefordert öffne und deren Inhalt herzeige. Ja, Nikon, spitze. *gähn* Aligatoh gozaimass, saijoh-nala und ab geht es in den Turbolift, der uns 50 Stockwerke nach oben schießt. Dort erwartet uns eine Aussichtsplattform mit spiegelreflex-unfreundlich getönter Rundumverglasung, Café, dem unvermeidlichen Souvenirshop und merkwürdigen Automaten aus denen quengelnde Minijapaner offenbar in Kugeln verpacktes Plüschspielzeug ziehen sollen.

Skurril - aber vollkommen typisch, wie auch das Warnpiktogramm an der Aufzugtür, das ein schreiendes Kind skizziert, welches sich offenbar im Spalt die Hände eingezwickt hat. Der Sonnenuntergang im Wolkenkratzer ist wetterbedingt abgesagt und wir begeben uns auf den Heimweg. Dieses Mal lockt der kleine Chinese im vierten Stock des Hauptturms, genauer gesagt das "Songoku", das von 17:00 bis 22:00 mit landestypischem Buffet aufwartet.

Zur Abwechslung gibt es hier auch Schweinefleisch süß-sauer, Hühnchen im Teigmantel, diverses gebratenes Gemüse und Reis. Zur Provokation trinke ich dazu zwei Gläser Bier - wo käme ich als Exilbayer denn hin, wenn ich mein Dasein nur mit Reiswein und grünem Tee fristen müßte?

Am Tisch gegenüber sitzt ein an sich niedliches Mädel, Marke "Studentin". Wir beobachten wie sie im Eiltempo schalenweise reinste Kohlenhydrate in sich hinein stopft, dazu reichlich Cola trinkt und dabei gelegentlich einen Blick in ihre Aufzeichnungen wirft. "Bulimie in Reinkultur" lautet unser bestürzendes Fazit. Offenbar ebenfalls ein Europaimport, der auch an den overknee-bestrumpften, dürren Mädchen nicht spurlos vorübergeht.

Die Hopfenkaltschale verfehlt glücklicherweise ihre Wirkung ebenfalls nicht und so mache ich mich mit recht starrem Blick auf den Weg in mein Hotelzimmer im 36-ten Stock. Leider biege ich vom Aufzug aus falsch ab, was für einige Heiterkeit bei der japanischen Raumpflegerin sorgt, als sie mich - schon im Ausziehen begriffen und mit heraushängenden Hemdzipfeln zu Gesicht bekommt. Ojasumi nasai. Hihihi. Domo. Hihi. Aligiato gozaimass. Hihihi.

Schrein-Eingang [157 KB] Ich dusche kurz und liege noch lange wach während ich die Fülle neuer Eindrücke des zurückliegenden Tages zu ordnen versuche.

Der Blick in den Reiseführer ergibt, daß zur Zeit am in der Nähe der U-Bahn-Haltestelle Ochanumizu gelegene Yushima-Ten-jin-Schrein die sogenannte "Pflaumenblütenschau" stattfindet. Prima! Ein guter Plan und Chance, zu dieser Gelegenheit ein paar ausgelassene Japaner in Feierlaune kennenzulernen.

Offenbar sind die über die ganze Stadt verstreuten und meist zwischen Hochhäusern versteckten Schreine nicht nur Ort der religiösen Kultur sondern auch Zentrum für Feste und Parties.

Der Ten-Jin-Schrein ist mittlererweile den Göttern des Lernens von Schule und Beruf gewidmet während der Meiji-Schrein (U-Bahn Haltestelle Meijijinggumae, Yamanote Harajuku) insbesondere beim zwischen 2. und 3. März stattfindende Frühlingsfest und wegen des nahegelegenen Irisgartens Anlaufpunkt der Touristen ist. Harajuku liegt leider weit im Westen der Stadt, sodaß ich dieses Ziel als letzten Punkt meiner Runde einordne.

Vorher geht es noch in den Hama-Rikyu-Palastgarten (Yamanote: Shimbashi) sowie das in Fußmarschentfernung liegende und wegen seiner avantgardistischen Architektur bekannte "Tokio International Forum".

I'm walking...

Sonntagsbrunch [159 KB] Da wir beschlossen haben, ein wenig auszuschlafen, gibt es diesen Morgen keinen nervigen Telefonweckdienst und ich schrecke um halb zehn aus einigermaßen verworrenen Träumen, in denen japanische Sprachfetzen herumgeistern und mit Pflaumenblütengirlanden behängte Samuraikrieger ihre Schwerter schwingen.

Frühstücken wollen wir im "Luxe Dining Hapuna", im Basement des Main- oder auch "Annnex-Tower" genannten Turms unseres Hotels.

Ich habe mich am vergangenen Abend überfressen und so ist es für mich kein Problem, daß sich offenbar halb Japan hier zum Brunchen trifft. Kein Wunder: Der Preis ist mit rund fünfundzwanzig Euro mehr als fair und das Essensangebot erfüllt von kontinental-europäisch bis hin zu traditionell-japanisch jegliche Wünsche.

Tokyo Twin Park [107 KB] Die drei Stationen nach Shimbashi treten wir im nahezu leeren Zugabteil an während sich Japan weiter im "Shinagawa Prince" verköstigt. Nach kurzem Weg am "Shiodome Tower", dem "Park Hotel Tokio" und dem Hotel "Villa Fontaine" durch einen Statuengarten vorbei langen wir an unserem ersten Etappenziel an.

Der Hama-Rikyu-Palastgarten ist eine sehenswerte Anlage mit direkten Zugang zu den Wasserwegen und Blick auf die nebelverhangene "Rainbow Bridge", eine elegant geschwungene Stahlkonstruktion und Wahrzeichen von Tokio.

Shiodome Tower [128 KB] Im Garten wechseln sich Inselchen mit kleinen Anhöhen ab (eine davon nennt sich Fujiima - wohl in Anlehnung an den die Insel dominierenden Vulkan), man kann einige Schreine und - gleich vor den Toren des luxuriösen Businessviertels - das schon in voller Blüte stehende Senf- oder Rapsfeld bewundern, in dessen Mitte sich ein gigantischer Aloe-Vera-Kaktus befindet.

Jongleuse [157 KB] Auch hier ist eine Armee von Gärtnern bemüht, die Anlage in Schuß zu halten - die Akribie und der Hintergrund mit dem die größtenteils Nadelgehölze zu schneiden sind, entzieht sich wohl jedem Europäer.

Halt scheint die Schnippelei nur vor einer altehrwürdigen Pinie zu machen, die bei der Einweihung des Parks vor mehr als dreihundert Jahren gepflanzt wurde.

Am Ausgang beobachten wir noch kurz ein Jongleurtrio, ganz in traditionell japanische Bekleidung gehüllt.

Made in Germany

Gemüsemarkt [211 KB] Unser Weg führt uns weiter zum Obst- und Gemüsemarkt vor dem "Tokyo International Forum" als uns ein schon etwas älterer Japaner in nahezu akzentfreien Englisch und mit quasi lehrbuchmäßigem Vokabular anspricht.

Er nähme seit Jahren Englischunterricht, den seine durchweg viel jüngeren Mitschüler leider durchweg als Mittel zur Kontaktaufnahme mit dem anderen Geschlecht nutzten und sei stolz, seine Fertigkeiten heute endlich auch im Praxiseinsatz beweisen zu können.

Wir sprechen über "Made in Germany", das für ihn und seine Landsleute auch heute noch der Inbegriff von Qualität und Zuverlässigkeit sei, japanische Tradition, die Unsitte der Amerikaner den Hersteller meiner Spiegelreflexkamera mit "Ei" in der Wortmitte auszusprechen und daß Nikon im zweiten Weltkrieg Zielfernrohre und ähnliches Gerät für Flaks und Schiffskanonen gefertigt habe, nach 1945 aber in Richtung "Consumer Electronics" umschwenkte.

Tokyo Int'l Forum [142 KB] Er lebe zusammen mit seiner Großfamilie in einer 60-Quadratmeter-Wohnung in den Vororten Tokios und fände es sehr beklagenswert, daß sich überall in Japan die Sucht durchsetze, Überstunden zwar einzufordern aber nicht mehr zu bezahlen (die Anmerkung, dieses sei wohl ein Erbe, welches über den großen Teich erst aus Amerika und dann aus dem altehrwürdigen Deutschland herübergeschwappte, erspare ich dem netten Mann).

Als wir seine wohlartikulierte Ausdrucksweise und das umfangreiche Vokabular erneut loben, kämpft der Alte sichtlich mit Tränen der Rührung, verneigt sich tief und bekräftigt, daß er nun noch viel ausdauernder üben und diese Botschaft auch seinen Söhnen überbringen werde.

Nach einem kurzen Händedruck entschwindet er im Gewühl der Stadt, sicherlich gibt es für ihn heute Abend sehr viel zu erzählen. Ein durchweg sympathischer Zeitgenosse!

Im Forum [167 KB] Das Tokio-Forum ist ein zweiteiliges, verglastes Gebäude, dessen Front entfernt an einen Schiffsrumpf erinnert und mit einer luftigen, freitragenden Struktur aus Stahlsäulen und Spannseilen durchzogen.

Das etwa 60 Meter hohe Atrium wurde 1997 fertiggestellt, hat in seiner Bauzeit über eine Milliarde Euro verschlungen und auch heute noch nichts von seiner Ästhetik eingebüßt. Zur Zeit findet die (eintrittspflichtige) Diamanten- und Schmuckmesse statt, wir beobachten durch die gläsernen Trennwände das Treiben in einer bibliotheksartigen Halle, an deren Tischen unglaubliche Schätze ausgestellt sind.

Weiter geht es mit dem Yamanote Richtung Haltestelle "Ueno", leider steigen wir zu früh aus, in "Ueno Akachimachi" statt "Ueno" (ohne Akachimachi). So verfransen wir uns etwas - auf der Suche nach dem schon eingangs erwähnten Yushima-Ten-Jin-Schrein, haben aber so die Möglichkeit, dem Yushima-Temmangu-Schrein einen Besuch abzustatten.

Dieser befindet sich - wie fast alle anderen Gebetsstätten - recht versteckt zwischen den Hochhäusern einer Straßenflucht. Ohne GPS oder ein wegweisendes Schild nahezu unmöglich zu finden. Am Eingang des Schreins treten wir durch ein schlichtes, im shintoistischen Stil mit zwei Quertraversen gehaltenes Portal und finden uns plötzlich in einer anderen Welt wieder.

Erfolg in Fischerei, Liebe und Beruf

Yushima-Temmangu-Schrein [164 KB] Der Schrein - unzugänglich hinter einer verglasten Tür wird flankiert von einer reichlich mannshohen Buddhastatue zur linken und einem Kriegerdenkmal zur rechten. Im hinteren Bereich befindet sich eine elektrische Drachenpuppe im Glaskasten, die bei Einwurf einiger Yen wilde Verrenkungen vollführt. Einen "Klingelbeutel" gibt es freilich auch - in Form eines Lamellenrostes unmittelbar vor dem Schrein - durch den jede noch so kleine Münze mit großen Getöse nach unten rattert. Bei dem Gedanken, diese Geschäftsidee auch der katholischen Kirche nahezubringen, muß ich unweigerlich diabolisch schmunzeln.

Schutzpatron [190 KB] Wie ein unweit angebrachtes, zweisprachiges Schild verrät, befinden sich im Innenhof der Schutzpatron der Fischer, ein zweiköpfiges blaues Artefakt, das man am ehesten als wilde Mischung aus Seeschlange, Nixe und Alligator beschreiben könnte.

Etwas entfernt steht der Gott der Liebe, der Freundschaft und der Familie und wir beobachten ein junges Mädchen, das allen Heiligen einen reichlichen Obolus spendet. Einigermaßen sicher geht es hier um die freundschaftlichen Bande, die sie mit ihrem Angebeteten knüpfen will.

Lichtreklame [176 KB] Die unvermeidlichen Drahtgestelle samt verknoteten Wunschzetteln dürfen auch nicht fehlen und um ein Haar hätten wir unserem Verlangen nach beruflichem Erfolg unserer Japanmission ebenfalls hinzugefügt, konnten aber als dahergelaufene Ungläubige nicht ausmachen, wo sich die Blankovordrucke für Wunschäußerungen befinden. Ein mit Kuli auf englisch ausgefülltes A4-Blatt Firmenpapier wäre dann doch wirklich zu obszön und lästerlich.

Da es inzwischen schon dämmert - das Gespräch mit unserem Freund vor dem "Tokyo International Forum" hat uns leider etwas im Zeitplan zurückgeworfen - beschließen wir, die Suche nach dem Yushima-Ten-Jin-Schrein abzubrechen und machen uns per pedes auf den Weg nach Akihabara, dessen Lichtermeer schon in der Ferne wabert.

Nächster Halt: Akihabara [109 KB] Der Zugang zum Yamanote ist - wie in Tokio bei den meisten Haltestellen üblich - entweder unscheinbar und zwischen den Hausfronten recht versteckt bzw. in diesem Fall hinter einem mit Plastikplanen abgedeckten Bauzaun verborgen. Auch in diesem Fall weiß ein netter Hiesiger Rat und führt uns, obwohl er in der exakt gegengesetzten Richtung unterwegs ist - direkt zum Fahrkartenschalter. Hier erwarten uns ausschließlich japanische Schriftzeichen, aber die Erfahrung lehrt uns, welche Knöpfe für die richtigen Tarifzonen wir drücken müssen.

Mit den Karten in Händen tauchen wir aus der "Electronic City" einen Katzensprung weiter in das allgegenwärtige Bahnhofsgedudel ein und lassen uns nur Minuten später Richtung Hotel kutschieren. Der öffentliche Nahverkehr von Tokio funktioniert - wer hier Auto fährt ist entweder steinreich oder hat ausgesprochen viel Zeit.

Unruhige Nacht

Klofontäne [60 KB] Im Hotel entscheiden wir uns für das große Buffet im "Luxe Dining Hapuna" das sich im Erdgeschoß des Hauptturms befindet. Für knapp 50 Euro (Hotelgäste erhalten zusätzlichen Rabatt, ebenso Senioren über 65) gibt es aus der westlichen uns asiatischen Küche alles, was das Herz begehrt. Leider ist die Zeit schon relativ fortgeschritten und so stehen uns nur noch knapp 90 Minuten für die Begutachtung der Köstlichkeiten, die Degustation des georderten italienischen Rotweins und das Abendessen zur Verfügung.

Ob es am bevorstehenden Abschied von Tokio, der Eile oder der Kombination aus Tannin, Glutamat und Soja liegt, kann ich schlußendlich nicht beurteilen - Fakt ist, daß ich mich trotz per Klimaanlage wohltemperiertem Schlafzimmer relativ unruhig auf meinem Laken hin- und herwälze, stark schwitze und quasi die Stunden bis zum Aufstehen zähle.

Endlich ist es 7:00 Uhr, ich verfasse noch ein handschriftliches Dankeschön für die umsichtige Hotelbesatzung incl. mühevoll abgerungener japanischer Schriftzeichen, vervollständige mein Tagebuch, packe den Koffer (der sich merkwürdigerweise viel voller anfühlt als bei der Anreise) und widme mich der fotografischen Dokumentation der Vielzahl von Spül- und Spritzfunktionen der Highendtoilette.

Das Ding ist nicht dumm: Es fährt seine Duschtentakel nur aus, wenn unsichtbar an der Klobrille angebrachte Drucksensoren ein "besetzt" melden, ich muß daher mit ausgestreckter linker Hand drücken und gleichzeitig mit der rechten fotografieren. Die Spuren meines respektlosen Treibens in Form einer mittelgroßen Überschwemmung und Tropfspuren an der Zimmerdecke sowie meiner Jeans beseitige ich noch mit dem gebrauchten Duschhandtuch. Wäre ja auch zu peinlich sonst.

Gewichtheberinnen [165 KB] Dabei ist mein Zeitplan einigermaßen aus den Fugen geraten, die kleine Erfrischung aus der Toilettenschüssel macht einem Schweißausbruch Platz und ich haste zum Aufzug - hoffend, daß ich nichts wesentliches im Zimmer zurückgelassen habe.

Im Foyer wartet schon ungeduldig der Kunde, der zur Liquidation freilich noch meine Magnetstreifenkarte benötigt. Montagmorgen ist im "Prince" wenig los und so setzen wir uns umgehend Richtung Bushaltestelle in Bewegung.

Diese liegt zwar unmittelbar vor dem Hoteleingang, trotzdem ist es offenbar eine Frage der Ehre, daß die zierliche Hoteldame meinen 17 Kilogramm schweren Samsonite alleine nach draußen trägt. Glücklicherweise tritt dieser "Worst Case" nicht ein: Fräulein will nur einen Gepäckzettel mit der Gatenummer des Flughafens ankleben und hievt den grauen Klotz auf einen bereitstehenden Gepäckwagen, wo er alsbald via Netz vor dem Herunterfallen gesichert wird.

Der Bus ist wenige Minuten später schon da, ich kann kaum noch hastig meinen Fotoapparat im Rucksack verstauen schon öffnen sich die Türen. Auch hier gibt es im Overhead-Display die ständige Warnung, auf verdächtig aussehende Gepäckstücke und Personen zu achten und sie sofort dem Fahrer oder der Polizei zu melden. Offenbar genügen angesichts einer bärtigen vollkommen übernächtigten Person mit schwarzer Jeans, schwarzem Kapuzenshirt und mindestens ebenso dunklen Augenringen, einem roten Nylonrucksack mit daran baumelndem, schwarzen Nylonsackerl (mein Bohnensack zum Aufstützen der Kamera bei Langzeitbelichtungen) auf dem Rücken die Verdachtsmomente nicht. Ich darf ungehindert einsteigen und genieße die ungewollte Sightseeingrunde.

Vor dem Transfer zum Flughafen klappern wir noch einige andere Hotels der Kette ab und biegen dann auf die Autobahn, während die Hafenanlagen an uns vorbeiziehen und die Silhouette von Tokio City immer kleiner wird.

Am Flughafen [222 KB]

Erwartungsgemäß haben wir wenig Probleme beim Auffinden des richtigen Gates - der gelbe Kranich ist schließlich unverwechselbar genug. Da mein Begleiter und ich noch ein bißchen "Business" planen, kommt uns das Upgradeangebot der Stewardeß gerade recht. Für 300 Euro pro Person entkommen wir ein weiteres Mal der Hölle im Hockergrab, buchen Internetzugang und Stromsteckdose (hinter einem unscheinbaren Schieber verborgen). Wie ich später erfahren werde, gibt es für mich sogar einen Sitzplatz am Fenster, gleich neben der Futterkrippe der Boing - kann denn (Bein)Freiheit so grenzenlos sein?

Internationaler Abflug [342 KB] Die Ein- respektive Ausreiseformalia halten sich in erfreulich geringen Grenzen, mein Reisepaß bekommt sein angetackertes Zolldokument wieder abgenommen und ich darf unbehelligt, d. h. ohne Sprengstoffschnüffelpapier, Objektivstriptease oder Leibesvisitation bis zur Unterhose passieren.

Kaum heraus aus dem Sicherheitsbereich zücke ich umgehend wieder meine treue D70 und halte die illustre Szenerie auf dem Speichermedium fest.

Die Airportlounge bietet nicht nur die wohl einzigen Münztelefone im Land, überteuerte Kimonos aus Polyester, in Zentimetern abgemessene japanische Zehensocken und ewig kläffende Elektroplüschhunde sondern auch ein faszinierendes Bodenpflegegerät, augenscheinlich eine Kombination aus Staubsauger und Aufsitzmäher für Menschen von Geishaformat.

Irgendwer eine Münze für mich...? [87 KB] Der Flieger wird aufgerufen, wir vertreiben uns noch ein bißchen die Zeit bis sich die Schlange der eilfertigen Economies aufgelöst hat und verlassen schlendernderweise japanischen Boden.

Die A340 empfängt uns mit einer kosmopolitischen Besatzung und insbesondere die eingangs etwas grimmige Miene der japanischen Flugbegleiterin lichtet sich zusehends, als ich japanisches Mittagessen ordere.

Bodenrakete [122 KB] Natürlich nicht ausschließlich in meiner Eigenschaft als loyaler Gast, sondern auch weil mich die deutsche Sektion der Speisekarte so gar nicht anmacht. Die Stärkung erfolgt umgehend, ich diniere "Zensai". Dahinter verbirgt sich Sushi von der Seebrasse und Lachs, Californiaröllchen, Seeaalröllchen, dazu gibt es sauer eingelegten Daikon-Rettich, eine Fischfrikadelle, Gurke - und freilich Reiswein satt.

Zwischendurch bespreche ich mit meinem Kompagnon noch die Erkenntnisse dieses ereignisreichen Aufenthalts und fixiere die Resultate gleich elektronisch, während unser Flieger schon das japanische Meer und Wladiwostok hinter sich gelassen hat - mit 900 km/h vor der Tag-Nacht-Grenze hereilend.

Sibirien [114 KB] Das On-Board-Amusement kann den sensationellen Ausblicken durch das Bullauge nicht im mindesten das Wasser reichen - schließlich befinden wir uns auf der "Nordroute", d. h. queren die Mongolei, bekommen die transsibirische Eisenbahn vorgeführt und nehmen Kurs auf Novosibirsk. Sibirien präsentiert sich übrigens gar nicht so platt, wie ich das aus dem "Dierke Weltatlas" in Erinnerung habe: Regelmäßige Gebirgszüge zwischen denen sich mächtige Flüsse winden, erglühen in sanften Rosatönen des nahenden Sonnenuntergangs.

Meine Mitreisenden, die sich schon hinter ihren Plastikjalousien vor dem gleißenden Licht verschanzt haben und schlafen wollen, müssen sich leider noch etwas gedulden. Ein ums andere Mal zücke ich meine Spiegelreflex und fotografiere die Hochplateaus namenloser russischer Gebirgszüge und die gigantischen Treibeisschollen an der Küste des Nordmeers bevor schließlich Finnland in Sicht kommt.

Rußland [99 KB] Während unter uns die baltische See und Kaliningrad hinwegzieht, habe ich meinen Hauptgang (gegrilltes Rindfleisch mit Lauch an japanischer Sauce, Tarokartoffel, Maiskölbchen und gedämpfter Reis) sowie weitere Reisweine abgeschlossen und genehmige mir als Dessert noch ein japanisches Konfekt.

Mahlzeit!

Dick werden kann man bei solch einer fürstlichen Bewirtung freilich nicht (die Portionen entsprechen nicht den Bedürfnissen eines ausgewachsenen mitteleuropäischen Freßsacks), aber besoffen - denn auch die Spirituosen des Hauses haben es in sich.

So begegne ich dem "DAILY YOMIURI" - vermutlich so etwas wie Japans Bildzeitung - denn auch mit wohlwollender Ausgelassenheit. Wenn es nach dem etwa 120 Yen teurem Tagesblättchen ginge, liefen in Deutschland offenbar nur Kraut-, Würstl- und Maßbiervertilgende Teutonen in ihren Lederhosen umeinander und es würde Volkstrauertag ausgerufen, sobald Bayern München eine Heimniederlage einstecken muß.

Am Normeer [70 KB] Apropos "einstecken":

Nach einigermaßen kurzweiligen 10 Stunden Flug schwingt sich die Maschine über Hamburg und Hannover Richtung München ein und ich verstecke meine elektronischen Helferlein wieder in ihren Etuis. Inzwischen ist es dunkel geworden und der chronische Schlafentzug der letzten Tage zeigt erneut Wirkung.

Da sich Bekannte für den Abend angesagt haben ist Jetlag allerdings tabu und ich beobachte, wie sich der Airbus dem Flughafen "Franz-Josef-Strauß" entgegensenkt, der nach Tokioter Verhältnissen irgendwie verloren in seiner spärlich besiedelten Umgebung wirkt.

67.jpg [140 KB]

Eine japanische Dame, die wohl das erste Mal die bayerische Landeshauptstadt besucht, bringt es auf den Punkt stammelt: "And... WHERE IS MUNICH?!?". Well, Gnädigste: "Willkommen südlich des Weißwurschtäquators, in der Landeshauptstadt mit Herz und mitten im Trachtenkulturschock!". Mir ist inzwischen absolut klar, warum ein Tourist "auf der Wies'n" seinen Fotoapparat gar nicht mehr vom Gesicht nimmt.

Vor der Landung wecke ich noch meinen Begleiter, der zufrieden in seinem Recaro-Schalensitz eingedöst ist und bedanke mich wärmstens für die ausgesprochen großzügige Gastfreundschaft und die seltene Gelegenheit.

Hinter uns liegt ein aufregender Trip in ein charmantes und absolut sehenswertes Land, das verschiedener nicht sein könnte. Nicht wegen der gar nicht so krassen Gegensätze an sich, sondern eher wegen der unzählig vielen kleinen Unterschiedlichkeiten, der sympathisch-schrulligen Mentalität und der erstaunlich facettenreichen Kultur.

Ich muß da unbedingt wieder hin - mit einem vernünftigen Weitwinkel und dem in Qualität und Leistung über jeden Zweifel erhabenen 70-200 f/2.8 VR Nikkor Telezoom, das freilich nur eine Nation dieser Welt hervorbringen konnte: Japan.